8 Dispersionskompensatoren für Lichtwellenleiterstrecken
8.1 Dispersion in Lichtwellenleitern

Die Dispersion verursacht eine Impulsverlängerung (oder Impulskompression im Fall der negativen Dispersion) im Zeitbereich. Das kann zu einer Intersymbolinterferenz führen. Nehmen wir an, dass zwei benachbarte Impulse eine logische Eins übertragen und die Lücke dazwischen eine logische Null darstellt. Falls die benachbarten logischen Einsen teilweise überlappen, wird der Dekodierer nicht imstande sein, das logische Symbol „0” zu empfangen, das zwischen ihnen übertragen wurde.

Die Einheit der Dispersion ist ps/nm (Pikosekunde pro Nanometer), aber in der Faseroptik, wo die Faserlänge ein entscheidender Parameter ist, wird die Dispersion auf eine Längeneinheit bezogen (ps/nm/km). Die Dispersion von 1 ps/nm/km bedeutet, dass in der Entfernung von 1 km vom Referenzpunkt (oder vom Anfang der Strecke) eine Verzögerung von 1 ps bei der niedrigsten Frequenz gegenüber der höchsten Frequenz gemessen werden kann, unter der Annahme, dass die optische Quelle eine Strahlung der Breite von 1 nm hat.

Chromatische Dispersion

Eine chromatische Dispersion besteht aus zwei Komponenten: Material- und Wellenleiterdispersion.

Die Materialdispersion (DMat) entsteht durch eine Bandbreite der Strahlung einer Laserquelle, die ungleich null ist. Das ausgestrahlte Spektrum von Wellenlängen ist nicht unendlich schmal, in der Praxis gibt es kein „ideales monochromatisches“ Licht, das eine „unendlich schmale Frequenz“ beinhalten würde. Eine Laserstrahlung beinhaltet immer eine gewisse endliche Menge von Frequenzen. Jede Frequenz kann mit einer gewissen Phasenkonstante der Strahlung charakterisiert werden – für unterschiedliche Farben gibt es unterschiedliche Brechungsindexe. Jede Frequenz (genauer gesagt Information auf der gegebenen Frequenz) verbreitet sich mit einer unterschiedlichen Phasengeschwindigkeit und erreicht das Ende der Faser zu unterschiedlichen Zeiten.

Die Wellenleiterdispersion (WD, engl. waveguide dispersion) wird mit einer Änderung der Feldverteilung der optischen Moden in einer gewissen Entfernung verursacht. Diese Änderung wird durch eine Änderung der Fasergeometrie veranlasst, die die Gruppengeschwindigkeit der elektromagnetischen Welle als Funktion der Wellenlänge (sogenannte Änderung des „Umschlags“ des Pulses) beeinflusst. Die Wellenleiterdispersion ist ein geeignetes Instrument zum Erreichen einer optimalen Faserdispersion. Die Dispersion kann mit einem geeigneten Entwurf der Fasergeometrie optimiert werden, die die Wellenleiterdispersion beeinflusst. Die Wellenleiterdispersion kann sich als Folge die Gesamtdispersion der Faser ändern.

Die Lösung besteht im Einsatz von dispersionskompensierenden Fasern (DCF, engl. Dispersion Compensating Fibre) oder speziellen Fasergittern.

Modendispersion

Bei der Modendispersion (MD, engl. modal dispersion) verbreitet sich jede Mode der optischen Strahlung über eine unterschiedliche Trajektorie. Die kürzeste Strecke verläuft entlang der Symmetrieachse der Faser, die längste betrifft die Mode, die eine große Menge von Reflexionen auf der Schnittstelle des Kerns und des Mantels der Faser aufzeichnet. Mit steigendem Winkel des Flusses der Strahlung in der Faser (höhere numerische Apertur NA) steigt die Anzahl von Reflexionen während der Modenverbreitung und die optische Strecke verlängert sich. Die einzelnen Moden kommen am Ende der Faser zu unterschiedlichen Zeitpunkten an. Weil sie als Überlagerung (Summe) aller Komponenten erkannt werden, scheint der vom Detektor empfangene optische Puls länger zu sein.

Die Modendispersion wird NICHT durch verschiedene Geschwindigkeiten der einzelnen Komponenten (Moden, Strahlen) verursacht. Es wird analytisch angenommen, dass sich alle Komponenten gleich schnell verbreiten, das betrifft Phasen und Gruppen. Eine unterschiedliche Geschwindigkeit wird nur bei der chromatischen Dispersion angenommen. Die Modendispersion ist daher keine Funktion der Wellenlänge.

Multimodefasern mit Gradientenindex

Ziel ist es: die sich durch die kürzeste optische Strecke verbreitenden Moden zu verzögern und die sich durch die längste optische Strecke verbreitenden Moden zu beschleunigen.

Bei den Multimodefasern mit Gradientenindex (MM-GI, engl. Multi-mode Graded Index) ist der Brechungsindex des Kerns nicht konstant, er sinkt stufenweise mit der Entfernung von der Kernmitte. Das optisch dichteste Material befindet sich in der Kernmitte der Faser und der Schichten. Die Dichte nimmt vom Kern nach außen hin ab und damit sinkt auch der Brechungsindex. Auf vielen Schichten tritt Refraktion (Brechung) und Reflexion der Strahlung auf der Schnittstelle des Mantels und der Außenschicht des Kerns auf. Die Mode, die sich entlang der Symmetrieachse der Faser verbreitet, geht durch die kürzeste optische Strecke hindurch, aber ihre Geschwindigkeit ist wegen eines hohen Brechungsindexes in der Kernmitte die langsamste. Im Gegenteil dazu werden die Moden beschleunigt, welche sich in längeren Trajektorien verbreiten, weil der Brechungsindex in der Nähe der Stellen häufiger Reflexionen niedriger ist.

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Modendispersion bei Multimodefasern mit Gradientenindex.